Laufen kann jeder, richtig laufen aber nur die wenigsten
Laufen ist in der momentanen Situation eine der Sportarten, die trotz Social Distancing und geschlossenen Fitness-Studios immer noch ausgeführt werden kann und darf. Noch nie zuvor bin ich auf meinen Laufrunden so vielen Menschen begegnet wie in den letzten Wochen. Nach dem Motto: Hinaus in die Natur und los geht´s.
Da stellt sich mir die Frage: Ist der Weg das Ziel oder findet nur derjenige den Weg, der sein Ziel kennt?

Der richtige Weg
„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“
Laotse
Es gibt mehrere Möglichkeiten das Laufen anzugehen. Entweder ich laufe, um des Laufens willen, um mich einfach ein bisschen zu bewegen. Oder ich trainiere mit dem Ziel besser werden zu wollen.
Genauso gibt es mehrere Möglichkeiten, das Leben anzugehen. Entweder ich lebe einfach so vor mich hin oder ich habe ein Ziel, das ich in meine Leben erreichen will.

Laufen um des Laufens willen
So bin ich jahrelang gelaufen. Ich hatte drei Strecken. Eine kleine mit 5 km, eine mittlere mit 7,5 km und eine große mit 10 Kilometern. Je nachdem wie viel Zeit ich zur Verfügung hatte, fiel meine Streckenauswahl aus. Das war sie, meine ganze „Trainingsplanung“.
Genauso war es mit meinem Leben. Haus, Kinder, Job. Alles in einem „normalen“ Leben Wichtige offensichtlich erreicht. Lebensplanung abgeschlossen. Aber ist das wirklich genug?

Lauf- & Lebensziele
Im Rahmen meiner Ausbildung zur Cardiotrainerin bei der Deutschen Sportakademie musste ich in der Abschlussarbeit einen Trainingsplan austüfteln.
Da wurde mir bewusst, dass mein Laufen nur eine sportliche Betätigung war, da es weder eine Zielsetzung verfolgte noch strukturiert war und schon gar keine Trainingsprinzipien berücksichtigte.
Ein kleines bisschen kannte ich mich vorher zwar schon aus, immerhin hatte ich auf der kleinen Strecke die Wahl zwischen Dauermethode und Intervallmethode. Aber grundsätzlich lief ich bisher einfach um des Laufens willen – und war eigentlich ganz glücklich damit gewesen.

Fast genauso verhielt es sich mit meinem Leben. Obwohl es bis ins kleinste Detail strukturiert und organisiert war, enthielt es lange keine Zielsetzung. Das Trainings/Lebensprinzip der „progressiven Belastungssteigerung“ lies ich regelmäßig außer acht. Ganz zu schweigen vom Trainingsprinzip der „optimalen Gestaltung von Belastung und Erholung“. Im Unterschied zum Lauftraining war ich besonders bei diesem Punkt ganz und gar nicht glücklich.

Lauftrainings- & Lebensplanung
„Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch.“
Antoine de Saint-Exupéry
Um einen Plan erarbeiten zu können, muss man ein Ziel definieren. Für mich selbst schon keine so einfache Aufgabe in diesem Fall. Mein Laufen war ja bisher eher so meditativer Art gewesen. Als Trainingsziel für die Cardio-Abschlussarbeit entschied ich mich deshalb spontan für die Vorbereitung auf einen Halbmarathon und für mich selbst…
Meine Lebensziele habe ich eines Abends bei einem meiner Urlaube, die ich bewusst alleine mache um mir über verschiedene Dinge klar zu werden, festgelegt. Was ich wann in meinem Leben erreicht haben will. Und was ich dafür benötige. Es war damals ein wunderschöner Abend voller Visionen.

Planungsumsetzung
Meinen erarbeiteten Lauftrainingsplan für die Abschlussarbeit im Cardiotraining wollte ich natürlich auch selbst umsetzen. Leider ist es aber so, dass ich mir immer zu viel vornehme und aufgrund meiner familiären, beruflichen und ausbildungstechnischen Belastung es überhaupt nicht geschafft habe, die Trainingseinheiten auszuführen.
Dagegen habe ich, wie ich finde, sehr erfolgreich meinen Lebensplan verfolgt. Auch wenn nicht immer alles so verläuft wie es in meiner Agenda steht, komme ich doch stetig voran.

Umwege
Nachdem dann dieser schwarze Schwan ins Spiel kam und meine drei Kinder wochenlang permanent zu Hause waren, war es ganz vorbei mit dem geplanten Lauftraining zur Vorbereitung auf einen Halbmarathonlauf.

Ein Ziel meiner Lebensplanung, die Ausbildung zur Hatha Yoga Lehrerin bei Yoga Vidya, fiel leider aufgrund der Eindämmungsmaßnahmen auch aus. Was mich wiederum in ein tiefes Loch hat fallen lassen.
Bis mir ein guter Geist eingeflüstert hat, dass es Umwege gibt, meine Ziele zu erreichen. Und gleich bei der ersten Recherche habe ich tatsächlich einen anderen Weg gefunden – eine Online-Ausbildung zur Yin Yoga Lehrerin, an der ich gerade teilnehme.

Abkürzungen
Und ich muss sagen, es ist gut so wie es ist. Umwege können auch Abkürzungen sein. Oder zu einer Neuausrichtung der Zielsetzung führen.
So bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich keinen Halbmarathon laufen muss. Meine Zielsetzung war schlicht falsch. Ich liebe es zwar zu laufen, aber ich muss mich dabei nicht unter Druck setzen. Meine Art zu laufen ist einfach zu laufen. Ich liebe die Dauermethode. In einem Tempo so lange laufen bis der Flow einsetzt. Dann fühlt es sich so an, als ob ich überhaupt gar nicht laufen würde. Mein Körper läuft zwar, aber ich bin so in meinen Gedanken versunken, dass es eher entspannend als anstrengend ist. Und das ist der Zustand, in dem ich viele Ideen habe, Entscheidungen treffen oder Probleme lösen kann.
Alles was kommen soll, kommt ohnehin zu der Zeit, in der es kommen soll. Auch meine Yoga-Laufbahn folgt dem richtigen Weg. Yin Yoga passt so perfekt in diese momentane Situation: Aushalten, beobachten, passiv sein, abwarten – und trotzdem etwas tun. Den Trainingsplan und den Lebensplan aktiv gestalten, etwas für die Gesundheit und für die persönliche Weiterentwicklung tun. Aber auch hier – ohne Druck. Das genau das sollte man in sein Leben übertragen. Einen Zustand ohne Druck, in dem man viele Ideen haben, entspannt Entscheidungen treffen und gelassen Probleme lösen kann.

Yin Yoga passt perfekt in die momentane Situation

Laufen kann jeder, richtig laufen aber nur die wenigsten
Lauf-ABC
Selbstverständlich habe ich auch etwas aus der Abschlussarbeit mit in meinen Lauftrainingsalltag genommen. Beispielsweise praktiziere ich regelmäßig das Lauf-ABC.

Welche Übungen ich mache, konntet ihr in der letzten Woche im Instagram-Video sehen. Eine ausführliche Beschreibung samt Fotos dazu findet ihr hier.
Balance-Pad
Neben dem Lauf-ABC trainiere ich regelmäßig das Fuß-ABC. Übungen auf einer instabilen Unterlagen verbessern die passiven Strukturen und tragen so zu einer Verringerung des Verletzungsrisikos bei.

Meine EXERCISES auf dem Balance-Pad gibt es hier.

Leben kann jeder, richtig leben aber nur die wenigsten
Mein Resümee
Das Leben ist kein Sprint – es ist ein Marathon! Trainings- und auch Lebensziele können nur mit Ausdauer, Geduld und Durchhalten erreicht werden.
Im Laufen wie im Leben: Alles ist eine Frage der Priorität und der Zielsetzung.
In beiden Bereichen sollte man keinesfalls das Trainingsprinzip der optimalen Gestaltung von Belastung und Erholung außer acht lassen. Denn ob Halbmarathon, Yogaausbildung oder was auch immer – nur ausgeruht und fit ist man zu Höchstleistungen fähig.
Umwege können sich manchmal als Abkürzungen herausstellen. Oder umgekehrt. Aber alles ist gut so wie es ist. Alle Wege führen zum Ziel.

Einfach laufen kann jeder. Einfach leben auch. Es ist an uns zu entscheiden, wie wir was machen wollen. Wichtig ist, dass wir uns bewusst dafür entscheiden. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Sondern nur zufrieden oder unzufrieden und damit glücklich oder unglücklich.
Und wenn ihr mit mir zufrieden seid – stay tuned! See you soon!